Unser Nervensystem ist ein faszinierendes Netzwerk, das fast alle körperlichen Funktionen steuert – vom Atmen bis hin zu komplexen Denkvorgängen wie dem Lösen von Schachproblemen oder der Forschung im Bereich der Atomphysik. Doch es gibt einen Teil dieses Systems, der besonders autonom arbeitet: das vegetative Nervensystem. Es ist verantwortlich für all die unbewussten Vorgänge in unserem Körper, wie etwa die Regulierung von Herzschlag, Atmung, Verdauung und vieles mehr. Aber wie funktioniert es genau und warum ist es für unser tägliches Leben so entscheidend?

Was ist das vegetative Nervensystem?

Das vegetative Nervensystem (auch autonomes Nervensystem genannt) unterscheidet sich von anderen Teilen des Nervensystems dadurch, dass es weitgehend ohne unser bewusstes Zutun arbeitet. Es übernimmt Aufgaben, die notwendig sind, damit der Körper reibungslos funktioniert – und das rund um die Uhr. Beispielsweise reguliert es die Verdauung, sorgt für die korrekte Blasenentleerung und überwacht die Produktion von Hormonen in den Drüsen.

Anders als das zentrale Nervensystem, das unsere bewussten Handlungen steuert, arbeitet das vegetative Nervensystem im Hintergrund. Es gibt zwei Hauptbereiche des vegetativen Nervensystems: den Sympathikus (Orthosympaticus) und den Parasympathikus. Diese beiden Systeme haben unterschiedliche, aber komplementäre Aufgaben.

Der Sympathikus – der „Stressmacher“

Der Sympathikus ist in stressigen Momenten besonders aktiv. Er sorgt dafür, dass der Körper in Alarmbereitschaft versetzt wird. Dies kann zum Beispiel in einer Prüfungssituation oder bei Gefahr der Fall sein. Der Sympathikus schüttet Adrenalin aus und sorgt für die bekannten „Kampf-oder-Flucht“-Reaktionen: Er erhöht die Herzfrequenz, erweitert die Bronchien und sorgt dafür, dass der Körper schnell auf Stress reagieren kann. In einer stressigen Situation lässt er auch weniger Blut in weniger wichtige Bereiche des Körpers fließen – wie zum Beispiel den Verdauungstrakt – und lenkt es zu den Muskeln, um den Körper für schnelle Reaktionen vorzubereiten.

Der Parasympathikus – der „Erholer“

Der Parasympathikus ist der Gegenpol zum Sympathikus. Er sorgt dafür, dass der Körper nach stressigen Phasen wieder zur Ruhe kommt. Nach intensiven Phasen der Anspannung, wie sie etwa bei einer langen Arbeitswoche oder einem Wettkampf entstehen, sorgt der Parasympathikus für die nötige Erholung. Er regelt die Verdauung, fördert die Erholung des Körpers und sorgt für einen stabilen Schlaf. Man könnte ihn als den „Entspannungsschalter“ des Körpers bezeichnen.

Wechselwirkung zwischen Sympathikus und Parasympathikus

Im Idealzustand arbeitet der Sympathikus und der Parasympathikus Hand in Hand, um den Körper in Balance zu halten. Doch manchmal geraten sie aus dem Gleichgewicht – beispielsweise, wenn wir ständig unter Stress stehen oder uns nicht ausreichend erholen. In solchen Fällen kann der Parasympathikus überaktiv werden und uns lethargisch und antriebslos machen, oder der Sympathikus dominiert und führt zu ständiger Anspannung und Nervosität.

Wie wirkt sich das auf den Körper aus?

Unser vegetatives Nervensystem beeinflusst nahezu alle Bereiche unseres Körpers, ohne dass wir es bewusst steuern können. Ein bekanntes Beispiel: Wenn wir Angst haben oder nervös sind, kann dies dazu führen, dass unser Gesicht errötet, während gleichzeitig unsere Hände kalt werden – typische Symptome eines unausgeglichenen vegetativen Nervensystems. In solchen Momenten übernehmen die Nerven die Steuerung, auch wenn wir gerne bewusst eingreifen würden. Das vegetative Nervensystem ist jedoch in der Lage, diese Prozesse durch Impulse und Reaktionen anzupassen.

Die Bedeutung für die physiotherapeutische Behandlung

Das vegetative Nervensystem spielt auch eine wichtige Rolle in der Physiotherapie und Osteopathie. Jede Art der Berührung, Kommunikation und Behandlung kann das vegetative Nervensystem beeinflussen. Bei Patienten, die unter Stress leiden, versuchen Therapeuten häufig, den Sympathikus zu beruhigen und den Parasympathikus zu aktivieren. Dies kann durch spezielle Techniken wie die Craniosacraltherapie geschehen, die gezielt Entspannung und Erholung fördert.

Warum ist das vegetative Nervensystem so wichtig für die Diagnose?

Ein weiteres interessantes Thema ist die diagnostische Bedeutung des vegetativen Nervensystems. Viele körperliche Beschwerden, wie etwa chronische Schmerzen oder unklare Symptome, können durch eine Überlastung oder ein Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems verursacht werden. In solchen Fällen finden sich oft keine „sichtbaren“ Ursachen bei klassischen medizinischen Untersuchungen wie Röntgen oder Ultraschall. Doch durch das Verständnis der Funktionsweise des vegetativen Nervensystems kann ein erfahrener Therapeut gezielt gegen diese Symptome ankämpfen und den Heilungsprozess unterstützen.

Fazit

Das vegetative Nervensystem ist ein unverzichtbarer Teil unseres Körpers, der die Grundlage für viele körperliche und emotionale Prozesse bildet. Es reguliert unbewusste Vorgänge, sorgt für die Balance zwischen Stress und Erholung und spielt eine zentrale Rolle in der therapeutischen Behandlung. Umso wichtiger ist es, dieses System in Einklang zu bringen – sei es durch Entspannungstechniken, eine ausgewogene Lebensweise oder die Unterstützung durch professionelle Behandlungsmethoden.

Hinweis: Der Text basiert auf aktuellen medizinischen Erkenntnissen und ist nicht als Ersatz für eine ärztliche Beratung gedacht. Bei Verdacht auf Fibromyalgie sollten Betroffene einen Facharzt konsultieren.

Über uns

Seit über 30 Jahren verbinden wir Fachkompetenz mit Herz – für Ihre Gesundheit und Zufriedenheit.