Inkontinenz
Unter Inkontinenz versteht man den Verlust der Kontrolle über die Abgabe von Harn (seltener auch von Stuhl). Die Ursachen einer Harninkontinenz liegen oft im Bereich der ableitenden Harnwege. Auch Probleme in Gehirn und Rückenmark, oder mit den Nerven, können zu einer Inkontinenz führen.
Menschen jeden Alters können von einer Funktionsstörung der Blase (und des Darms) betroffen sein. Vor allem Frauen im fortgeschrittenen Alter leiden sehr häufig an Inkontinenz (Blasenschwäche).
Die Symptome der Erkrankung (häufiger, zwingender Harndrang, vermehrtes nächtliches Wasserlassen, unfreiwilliger Harnverlust) können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Bei manchen tritt der unfreiwillige Harnverlust dauernd auf, bei anderen nur unter körperlicher Belastung (z. B. Laufen, Wandern, Treppen steigen, aber auch beim Husten, Niesen oder Lachen).
Ursachen von Inkontinenz
Bei einer Inkontinenz können entweder organische Ursachen oder eine Erkrankung bzw. Verletzung des Nervensystems vorliegen. Dadurch kommt es zu einer Störung in der Zusammenarbeit von Gehirn und Nerven auf der einen Seite und der Beckenboden- und Blasenmuskulatur und der Schließmuskeln auf der anderen Seite. Je nachdem, ob Urin oder Kot unbewusst abgegeben wird, spricht man von einer Harn- bzw. Stuhlinkontinenz. Bei beiden Typen werden verschiedene Formen unterschieden, die jeweils unterschiedliche Ursachen haben.
Harninkontinenz
Patienten, die an einer Harninkontinenz leiden, haben Probleme, ihren Urin kontrolliert abzugeben. Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz. -Belastungsinkontinenz -Dranginkontinenz -Reflexinkontinenz -Überlaufinkontinenz
Die Ursachen für eine Harninkontinenz müssen dabei nicht immer im Bereich der ableitenden Harnwege liegen. Auch Störungen an Nerven, Gehirn oder Rückenmark können zu einer Inkontinenz führen. In seltenen Fällen kann eine Inkontinenz auch durch Medikamente hervorgerufen oder verstärkt werden. Darum ist es wichtig, dass Sie Ihrem Arzt unbedingt sagen, welche Medikamente Sie regelmäßig einnehmen.
Belastungsinkontinenz
Bei einer Belastungsinkontinenz kommt es durch einen erhöhten Druck im Bauchraum zum unwillkürlichen Harnverlust (auch wenn die Blase noch nicht voll ist). Dies kann beispielsweise beim Tragen von schweren Gegenständen, aber auch beim Lachen, Husten oder Niesen der Fall sein. In Extremfällen kann auch bei normalen Bewegungen, wie etwa beim Gehen, ein Urinverlust auftreten. Dieser kann von wenigen Tropfen bis hin zu einem Urinverlust im Strahl reichen.
Liegt eine Belastungsinkontinenz vor, ist meist die Verbindung zwischen Blasenhals und Harnröhre beeinträchtigt. Eine häufige Ursache sind Operationen und Unfälle, durch die das Gewebe des Beckenbodens geschwächt oder Nerven im Bereich des Beckens verletzt werden. Bei Männern ist das Risiko für eine Belastungsinkontinenz v. a. nach einer Prostata-Operation besonders hoch. Dadurch kann es passieren, dass sich der Schließmuskel der Blase absenkt.
Bei Frauen ist die Beckenbodenmuskulatur schwächer ausgeprägt als bei Männern, weshalb sie häufiger unter einer Belastungsinkontinenz leiden. Besondere Strapazen für den Beckenboden stellen Schwangerschaft und Geburt dar. Während der Schwangerschaft, aber auch nach der Geburt, macht sich häufig eine Belastungsinkontinenz bemerkbar. Auch durch die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren steigt das Risiko für eine Inkontinenz.
Dranginkontinenz
Bei einer Dranginkontinenz tritt ganz plötzlich ein Harndrang auf, der so stark ist, dass es die Betroffenen zum Teil nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette schaffen. Oftmals tritt der Harndrang mehrmals pro Stunde auf, obwohl die Blase noch gar nicht vollständig gefüllt ist. Die Ursache einer Dranginkontinenz ist ein Problem bei der Signalübertragung: Obwohl die Blase noch nicht voll ist, wird an das Gehirn das Signal zum Entleeren gesendet.
Als konkrete Ursachen können z. B. Operationen, die zu einer Schädigung der Nerven geführt haben, eine unzureichend behandelter Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) sowie neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson in Frage kommen. Ebenso kann der Auslöser eine ständige Reizung der Blase durch Harnwegsinfekte, z. B. eine Blasenentzündung, darstellen. Zudem können hinter einer Dranginkontinenz auch psychische Ursachen stecken.
Reflexinkontinenz
Bei einer Reflexinkontinenz spüren die Betroffenen nicht mehr, ob die Blase voll ist. Zudem können sie die Entleerung der Blase nicht mehr willkürlich steuern. Deswegen entleert sie sich von Zeit zu Zeit selber („Spontanentleerung“). Bei einer Reflexinkontinenz sind die Nerven gestört, die die Blase steuern. Dadurch kommt es zu einem Verlust der Kontrolle über den Schließmuskel. Ursache hierfür können ebenfalls neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose sein. Am häufigsten kommt diese Form der Inkontinenz jedoch bei Verletzungen am Rückenmark vor, wie sie beispielsweise im Rahmen einer Querschnittslähmung auftritt.
Überlaufinkontinenz
Bei einer Überlaufinkontinenz laufen immer wieder kleine Mengen Urin ab, sobald die Blase gefüllt ist. Ursache der Beschwerden ist ein Ablaufproblem am Blasenausgang. Durch ein Hindernis am Ausgang, beispielsweise eine vergrößerte Prostata, ein Tumor oder eine verengte Harnröhre, kann der Urin nicht problemlos abfließen. Erst wenn der Druck in der Blase immer weiter zunimmt, können kleine Mengen an Urin entweichen.
Stuhlinkontinenz
Patienten mit einer Stuhlinkontinenz haben Schwierigkeiten, ihre Darmgase (Blähungen) sowie ihren Stuhl kontrolliert abzugeben. Je nach Schweregrad der Inkontinenz werden dabei drei Stufen unterschieden:
Stufe 1: Es kommt zu einem unkontrollierten Abgang von Darmgasen. Unter Belastung kann es außerdem teilweise Stuhl abgehen.
Stufe 2: Es kommt zu einem unkontrollierten Abgang von Darmgasen und dünnem Stuhl.
Stufe 3: Es kommt zu einem völligen Verlust über die Stuhlkontrolle.
Die Folge ist ein ständiges Stuhlschmieren; außerdem wird nicht nur flüssiger, sondern manchmal auch fester Stuhl verloren. Je nach Ursache der Beschwerden werden, genau wie bei der Harninkontinenz auch, bei der Stuhlinkontinenz verschiedene Formen unterschieden. In einigen Fällen merken die Betroffenen den Stuhldrang noch, schaffen es aber nicht mehr rechtzeitig zur Toilette. In anderen Fällen spüren die Betroffenen dagegen nichts und der Stuhlverlust passiert vollkommen unbewusst.
Ursachen einer Stuhlinkontinenz
Eine Stuhlinkontinenz kann durch verschiedene Erkrankungen bedingt sein. Neben chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn kommen auch neurologische Erkrankungen als Auslöser in Frage. Ebenso können Tumore im Enddarm, eine Beckenbodenschwäche, stark ausgeprägte Hämorrhoiden (Krampfadern) oder Verstopfungen die Ursache sein.
Der Schließmuskel kann außerdem durch Verletzungen nach Operationen oder einer Geburt beeinträchtigt werden. Werden Nerven geschädigt, kann dadurch auch die Wahrnehmung am Darmausgang gestört sein. Schließlich kommen auch bestimmte Medikamente wie Abführmittel, Antidepressiva oder Mittel gegen Parkinson als Ursache in Frage.
Was kann man als Betroffen(r) tun?
Wichtig ist eine gute Aufklärung bzgl. Ihrer Form der Inkontinenz, damit man so Problemsituationen, soweit möglich, vermeiden kann. Ebenso muss eine Sensibilität für den Beckenboden entwickelt werden, damit man sich in den (eher für Männer) „unbekannten“ Bereich des Körpers „eindenken“ kann. Bewegung ist wichtig, auch wenn dies manchmal der Auslöser der Beschwerden ist, um u. a. die Durchblutung zu fördern und durch gezielte Übungen die Muskulatur zu stärken.
Sie sollen ein Gefühl dafür entwickeln, wie Sie im Alltag bzw. bei bestimmten Bewegungsabläufen Ihren Beckenboden bewusst anspannen bzw. entlasten können.
Angeleitet durch geschulte Therapeuten üben Sie am besten täglich, damit sich durch die Regelmäßigkeit ein Erfolg einstellen kann. Überlasten Sie sich dabei nicht, gerade in diesem Bereich des Körpers kann man sich auch zu viel Druck (im wahrsten Sinne des Wortes!) machen. Nicht jeder Tag ist gleich. Nehmen Sie sich die Zeit und lassen Sie sich auch Zeit. Tragen Sie bequeme Kleidung während Ihrer Übungen und entleeren Sie vorher Ihre Blase.
Hier noch ein paar Tipps als Hilfestellung im Alltag:
-Trinken Sie trotzdem genügend!
Es wäre falsch aus Angst vor unkontrolliertem Harnverlust zu wenig zu trinken (Achtung bei Kaffee, Schwarztee, Weißbier). Stellen Sie Ihr Trinkverhalten auf Ihren Tagesablauf ein. Vor dem Verlassen der Wohnung nicht zu viel trinken, dafür nochmals die Toilette besuchen, und auch unterwegs nicht zu viel trinken. Ca. 2 Stunden vor dem Schlafen gehen sollte ebenfalls nichts mehr getrunken werden. Jedoch direkt vor dem zu Bett Gehen nochmals die Blase entleeren.
-Essen Sie „normal“, ausgewogen und ballaststoffreich. Dies wirkt sich positiv auf den Stuhlgang aus und entlastet so die Beckenbodenmuskulatur. Übergewicht belastet/drückt auf den Beckenboden. Daher kann eine Gewichtsreduktion hilfreich sein.
-Ihre Kleidung sollte so gewählt werden, dass sie sich im Bedarfsfall schnell und ohne Probleme öffnen lässt.
-Gezielte Gymnastik und allgemein Bewegung wirkt sich günstig auf die betroffene Muskulatur aus.
Die Regelmäßigkeit Ihres Trainings ist ein wichtiger Faktor! Der Darm kann zu morgendlicher Pünktlichkeit erzogen werden. Auch durch regelmäßiges Wasserlassen im Abstand von einigen Stunden wird die Blasenfunktion gestärkt.
Ihre Behandlerin/ihr Behandler wird sehr feinfühlig diese Thematik in so einem intimen Bereich unseres Körpers mit Ihnen erörtern und Sie entsprechend zu Übungen anleiten. Die Rezepte für Beckenboden- oder Rückbildungsgymnastik stellt Ihnen u. a. Ihr Gynäkologe, Urologe oder Proktologe aus.
Bei weiteren Fragen zu diesem Thema sprechen Sie mich einfach an.
Ihr Godehard Stoll, Physiotherapeut und osteopatisch arbeitender Therapeut
Hinweis: Der folgende Text wurde von Godehard Stoll nach aktuellen Erkenntnissen der Medizin und Anatomie verfasst. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Fehlerfreiheit.
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Physiotherapeutin